Motorradrennsport: Man spricht deutsch im Fahrerlager

Der Motorradrennsport wird seit einigen Jahren von Spaniern, Italienern und Briten dominiert und maßgeblich bestimmt. Die Dorna tritt als Ausrichter des Grand Prix, der Superbikes und sogar der Junioren-WM auf und arbeitet kontinuierlich an weiteren Projekten. In den Klassen MotoGP, Moto2 und Moto3 stehen aktuell 26 Spanier feste am Start. Aus Deutschland und der Schweiz sind es gerade einmal vier. Im Fahrerlager der Superbike-WM sieht das zum Glück etwas anders aus.

Philipp Öttl ist seit dem 6. Mai 2018 ein Grand Prix Sieger! Der Bayer konnte an diesem Tag knapp den GP von Spanien in Jerez in der Klasse Moto3 gewinnen. Auch Marcel Schrötter konnte in dieser Saison glänzen und regelmäßig um das Podium kämpfen. In Misano fuhr er seinen ersten Podestplatz in der WM ein, nachdem er Platz drei belegte. Dann gibt es noch zwei Schweizer im Paddock, die allerdings beide eine sehr schwierige Saison erleben: Thomas Lüthi bestreitet seine erste (und vermutlich auch einzige) Saison in der MotoGP Kategorie auf einer Honda RC213V. Der 32-Jährige fährt seit dem ersten Rennen im hinteren Feld der Klasse und konnte bisher keinen Punkt ergattern, zwei Rennen bleiben ihm noch, bevor er in die Moto2 zurückkehrt.

Dominique Aegerter ist der vierte aus deutschsprachigem Raum. Der Schweizer erlebt aber ebenfalls ein schwieriges Jahr mit dem Kiefer Racing Team auf KTM in der Moto2. Immerhin konnte er zuletzt in Phillip Island mit Platz sechs sein bestes Ergebnis erlangen. Zum Vergleich die Bilanz der 26 Spanier: 20 Siege, 23 Pole Positions… Aktuell gibt es hier leider nicht viel zu melden für Motorrad Deutschland.

Sandro Superstar

Wäre da nicht die Superbike-WM mit ihren Support-Klassen. Denn 2018 war in der seriennahen Weltmeisterschaft aus deutscher Sicht so einiges los, auch wenn in der „Königsklasse“ Superbike, kein deutscher am Start stand. Sandro Cortese hat im vergangenen Jahr die Moto2-WM verlassen müssen, nachdem ein Deal mit dem Kiefer Racing Team mangels abgesprungener Investoren in die Hose ging. Noch bis zum Februar stand der Schwabe ohne ein Motorrad da und wusste nicht ob seine Karriere weitergehen würde. Dann kontaktierte ihn das Kallio Racing Team aus Finnland, ob er in der Supersport-WM starten möchte. Cortese unterschrieb fix den Vertrag und reiste mit nur wenigen Testkilometern auf der Yamaha R6 zum ersten Rennen nach Philipp Island. Der 28-Jährige fuhr auf Anhieb auf das Siegerpodest und hielt sich fortan in jedem Rennen unter den ersten sechs.

In Aragon folgte der erste Sieg, in Donington stand er erneut ganz oben. Insgesamt holte er acht Podestplätze und zeigte keine Schwächen. In Portimao stürzte er im Rennen, doch er stieg wieder auf und sicherte sich noch den sechsten Rang. Cortese zeigt in dieser Saison Kampfgeist und Siegeswillen, außerdem fiel er damit auf, das er nie die Ruhe verlor und souverän in jedes einzelne Rennen ging. Als Belohnung fährt der deutsche im kommenden Jahr in der Superbike-WM auf einer Werksmaschine von Yamaha im Team GRT. Cortese ist der erste Pilot der sich Moto3- und Supersportweltmeister nennen darf.

Der Meisterberger

Der Name ist Programm. Markus Reiterberger bestritt nach seinen dritten IDM-Titel 2017, in dieser Saison die Superstock 1000 Europameisterschaft, die im Rahmen der WorldSBK stattgefunden hat. Der Obinger startete (wie immer) auf einer BMW S1000RR für das Team Alpha Technik van Zon. In acht Rennen überzeugte Reiti vor allem mit einer wichtigen Strategie: Speed!

Markus Reiterberger gewann in dieser Saison die Superstock 1000 Europameisterschaft mit insgesamt vier Siegen. Es folgt der Aufstieg in die WM. Foto: H.J. Lotterman

Der 24-Jährige stellte viele neue Rekorde auf und beendete 6 seiner 8 Rennen auf dem Podium, viermal als Sieger. Auf Rennstrecken wie Assen und Misano legte er einen neuen Rekord nach dem anderen auf den Asphalt und bewies das er in dieser Klasse teilweise völlig unterfordert ist. Bis auf seine Performance im Nassen ist er völlig reif für die Superbike-WM, in der er bereits 2016 kurzzeitig aufzeigen konnte, durch Teaminterne Probleme aber keinen Fortschritt erzielen konnte. Als ewiger Mr. Superstock (Die Klasse wird es ab der kommenden Saison nicht mehr geben) wird er wohl in 2019 wieder in die WM aufsteigen. BMW plant den werksseitigen Einstieg mit Ex-Weltmeister Tom Sykes und Markus Reiterberger. Die neue BMW S1000RR wird auf der Motorradmesse EICMA in den kommenden Tagen vorgestellt, die WM-Pläne wohl ebenso. Somit können wir uns auf zwei Deutsche in der SBK freuen.

Gradinger und Krummi

Thomas Gradinger! Diesen Namen sollte man sich für die Zukunft merken. Der 22-jährige Österreicher wurde im letzten Jahr mit dem Team MPB IDM Supersport 600 Champion und wagte in dieser Saison den Aufstieg in die Supersport Weltmeisterschaft. Und wer hätte das gedacht? Gradinger fuhr in 12 Rennen, acht mal unter die ersten Zehn und konnte zuletzt drei vierte Plätze einfahren. In Katar beim Saisonfinale fehltem dem sympathischen Österreicher gerade einmal 0,024 Sekunden auf Position drei. Trotz schwierigen Situationen während der Saison, als das Team beinahe zugesperrt wurde, fuhr er eine hervorragende Saison, die er auf dem siebten Gesamtrang beenden konnte. Für die kommende Saison hat er allerdings noch keinen Platz gefunden.

Randy Krummenacher fuhr nach einem Jahr in der Superbike-WM wieder in der Supersport-WM, allerdings erstmals auf Yamaha. Der Schweizer gewann das erste Rennen und zeigte eine starke Leistung beim Rennen in Assen, als er von ganz hinten auf dem zweiten Rang stürmte. Anschließend folgte allerdings eine schwierige Zeit und der 28 Jährige kam nie mehr über Position 4 hinaus. Für das kommende Jahr muss er in den Rennen stärker werden, er bleibt bei seinem italienischen Team.

Team Freudenberg

Luca Grünwald gewann das Supersport 300 WM Rennen in Assen. In der Gesamtwertung reichte es am Ende für Rang vier. Foto: T. Althof

Last but not Least möchte ich das Team Freudenberg aus Sachsen erwähnen, die in dieser Saison mit drei Fahrern in der Supersport 300 WM an den Start gegangen waren. Speerspitze war klar Luca Grünwald, der in Assen einen Sieg erringen konnte und bis zum letzten Rennen um den WM-Titel kämpfte. Der 23-Jährige kämpfte munter an der Spitze mit und beendete die Meisterschaft auf Position vier. Für 2019 steht er, wie so oft zuvor in seiner Karriere ohne Motorrad da…

Max Kappler konnte leider in dieser Saison nicht überzeugen. Der 21-Jährige aus Lichtenstein in Sachsen, konnte nur zweimal Punkten (zum Saisonstart) und beendete die Saison auf Gesamtrang 27. Kappler bekommt allerdings eine zweite Chance im Team Freudenberg für 2019. Als dritter im Bunde startete der junge Jan-Ole Jähnig in dieser Kategorie. Der 17-Jährige zeigte regelmäßig sein Potenzial und holte sich 40 Punkte für die Gesamtwertung. Sein bestes Ergebnis war Rang sechs in Imola. Der Altenburger darf auch im nächsten Jahr im Team Freudenberg die Supersport 300 WM bestreiten, dann sind Top Fünf Plätze das klare Ziel.

Einfach positiv denken

Wenn auch die Grand Prix Welt ein schwieriges Pflaster für Deutschland, Österreich und die Schweiz ist, lebt der deutsche Motorradrennsport! Einige Kämpfer aus dem Fußball und Autoland Deutschland werden auch im kommenden Jahr auf dem Moorrad angreifen und versuchen um Podien und Siege zu kämpfen. Vielleicht schafft der Junge Lukas Tulovic den Sprung in die Moto2-WM und warum sollte Jesko Raffin nicht in der neu geschaffenen MotoE um den Titel kämpfen, nachdem er die Moto2-EM in diesem Jahr dominierte und zum zweiten mal gewann?

Marvin Fritz gewann im Mai das 8-Stunden Rennen am Slovakiaring. Beim Bol D’or startete er mit Position zwei erfolgreich mit seinem YART Team in die neue Saison. Foto: T. Althof

Auch Marvin Fritz weiß in der Langstrecken-WM zu überzeugen und steht dort mit dem YART Team regelmäßig auf dem Podium. Philipp Öttl wird 2019 erstmals mit Marcel Schrötter in der Moto2 an den Start gehen und vielleicht kommt ihm seine Größe dort zu gute, die ihn in der Moto3 teilweise etwas im Weg steht. Zu guter letzt sind Stefan Bradl und Jonas Folger im kommenden Jahr auf den Werksmaschinen von Honda und Yamaha zu sehen und werden als Testfahrer für Marc Marquez, Valentino Rossi, Jorge Lorenzo und Maverick Vinales das neueste Material entwickeln. Klingt nicht allzu schlecht, oder?

Der Rennsport ist nach wie vor faszinierend und aus deutschsprachiger Sicht gibt es einige Lichtblicke, die deutlich mehr Beachtung verdient haben. Ein langer Winter und eine spektakuläre Saison 2019 wartet auf uns.

 

Text: T. Althof | Titelbild: Sandro Cortese, Supersport-Weltmeister 2018. Foto: H.J. Lotterman